Archiv für die Kategorie „Aus den Medien“

Lohntransparenz-Gesetzlein

Seit dem 2018-01-05 ist das Lohntransparenz-Gesetz in Kraft. Bekanntlich soll es ein erster Schritt sein, Differenzen in den Gehältern von Männern und Frauen aufzudecken – da sind andere Länder längst am Ziel, und das nicht erst in Betrieben ab 200 Beschäftigten.

„In Island trat zu Jahresbeginn ein Gesetz in Kraft, das Unternehmen und staatliche Einrichtungen mit mehr als 25 Mitarbeitern dazu zwingt, Frauen und Männern in gleicher Position dasselbe Gehalt zu zahlen. Die Arbeitgeber müssen einen Nachweis erbringen, dass sie die Lohnlücke geschlossen haben. Wer den Nachweis erbringt, erhält ein Zertifikat. Gesetzesverstöße werden mit einer Geldstrafe geahndet. Der Inselstaat im Nordatlantik ist damit das erste Land der Welt, das unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern unter Strafe stellt.“

Manuela Schwesig bin ich trotzdem dankbar – sie hat viel mehr gewollt! Und wem verdanken wir die Verzwergung des Gesetzes?

Quelle: RÖVEKAMP; Marie, 2018: Eine Frage des Wertes. Das Lohntransparenz-Gesetz tritt in Kraft. Es soll helfen, Differenzen in den Gehältern von Männern und Frauen aufzudecken. Wie funktioniert das? In: Der Tagesspiegel vom 2018-01-06 (Printversion)

Frauen und Technik? Desinteresse, meint der Arbeitgeberpräsident!

Frau möchte es nicht glauben! Da wird der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt interviewt und führt uns seine ganze Ignoranz vor! Auf die Frage „Warum interessieren sich so wenige Frauen für technische Berufe?“ sagt er als Erstes: „Ich weiß es nicht.“ Da kann ich nur zustimmen, dabei hätte er bleiben sollen, dann hätte er sich eine Blamage erspart. Dann sagt er aber: „Womöglich ist die Erziehung ein Grund, Mädchen spielen eben lieber mit Puppen als mit Werkzeugbaukästen. Dabei gibt es tolle berufliche Möglichkeiten im Fahrzeug- und Maschinenbau oder in der Chemieindustrie.“
Ein Arbeitgebervertreter, der die Betriebe nicht kennt? Ein Mann, der sich zu allen politischen und gesellschaftlichen Fragen meldet, weiß nicht, wie die Situation von Frauen in technischen Studiengängen und der entsprechenden Arbeitswelt ist, die Atmosphäre, in der sie überleben müssen? Ich fasse es nicht! Er könnte es wissen, denn die Gesellschaft weiß es. Warum weiß er es nicht? Es interessiert ihn einfach nicht, Genderwissen braucht er nicht, er ist ja ein Mann, also in der Position der Macht! Muss ich mir das so erklären?
Es ist ja auch einfacher, in den Betroffenen die Schuld zu suchen, ihr Desinteresse! Erst lassen sie sich von ihren doofen Müttern immer diese blöden Puppen in den Arm drücken und dann merken sie nicht, was es für „tolle berufliche Möglichkeiten im Fahrzeug- und Maschinenbau oder in der Chemieindustrie“ – besonders für sie – gibt.

Quelle:
HUNDT, Dieter/FREESE, Alfons, 2013: „Mädchen spielen eben lieber mit Puppen“. Warum arbeiten in den Top-Jobs der deutschen Industrie so wenige Frauen? Schuld daran sei nicht die Männerdomi-nanz, sondern das Desinteresse potenzieller Bewerberinnen, meint Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Einen Grund sieht er in der Erziehung von Mädchen. Interview In: Der Tagesspiegel vom 2013-02-14

Gusseiserne Vorurteile

„Noch häufiger als offline kommen aggressive und sexistische Angriffe gegen Frauen im Web 2.0 vor, so dass leider eine Website wie www.hatr.org Sinn macht, in der solche Kommentare ohne Adressatin veröffentlicht werden können. Dort wird der sexistische Verbalmüll der Lächerlichkeit preisgegeben. Über 90 Prozent der Zuschriften „unter der Gürtellinie“, die die „Zeit“ erhält, haben männliche Absender.“
Quelle:
DOMSCHEIT-BERG, Anke, 2012: Geht da raus! In der Wikipedia, auf Twitter, in Politblogs: In vielen Ecken des Web 2.0 sind Frauen wenig vertreten oder weniger sichtbar. Ein Grund dafür sind sexistische Anfeindungen. Ein Appell an die Netzmänner – und die Frauen. In: Der Tagesspiegel vom 2012-10-13

http://www.tagesspiegel.de/medien/frauen-im-netz-geht-da-raus/7249068.html

„Das Ende des bornierten Machotums“

Unter diesem Titel ist in DIE ZEIT Nr. 40 vom 2012-09-27 ein sehr lesenswerter Artikel erschienen von Hans-Ulrich WEHLER, d e m  Experten für Sozialgeschichte!
Untertitel: „An einer gesetzlich geregelten Quote zugunsten der Frauen in Führungspositionen führt kein Weg mehr vorbei.“

http://www.zeit.de/2012/40/Frauenquote

Sachte im Ton, aber bestimmt in der Sache (2)

340 Journalistinnen haben mit dem Appell »Schaffen Sie das?« von den Chefredakteuren der Republik eine 30-prozentige Frauenquote für obere Hierarchiepositionen gefordert, und zwar bis 2017. Hier ein Zitat von Susanne GASCHKE, Redakteurin bei der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT
„Ein Standardargument von männlicher Seite lautetet bisher stets: Wir finden einfach keine qualifizierten Frauen, die sich das zumuten wollen. Unterstellt wurde eine weibliche Schonhaltung, ausgeblendet wurde die schlichte Erkenntnis, dass Menschen meist ihnen ähnliche Menschen nachziehen – Juristen Juristen, Politologen Politologen, Männer Männer. Das Mangel- und Schonargument klingt jetzt auf einmal ziemlich hohl angesichts einer Liste, die ein Headhunter nicht besser hätte zusammenstellen können. Es sind nicht ein paar versprengte Existenzen, die mit dieser Aktion um Jobs und Beachtung betteln. Es sind Frauen, die längst angekommen sind, die ein Kampfgewicht haben und die trotzdem sagen: So kann es nicht weitergehen.“
Quelle: GASCHKE, Susanne, 2012: »Schaffen Sie das?« Warum ich die Initiative zur Frauenquote in den Medien unterschrieben habe. In: DIE ZEIT, Nr. 10 vom 2012-03-01

Sachte im Ton, aber bestimmt in der Sache (1)

340 Journalistinnen haben mit dem Appell »Schaffen Sie das?« von den Chefredakteuren der Republik eine 30-prozentige Frauenquote für obere Hierarchiepositionen gefordert, und zwar bis 2017. Hier ein Zitat von Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT, Mitherausgeber des Berliner Tagesspiegel und Moderator der Talkshow 3 nach 9 bei Radio Bremen.
„Mit Sicherheit fördert eine Quote die Qualität von Zeitungen. Zudem: Zeitungen sind Seismografen der Gesellschaft, wie können sie das sein, wenn sie Frauen aus wichtigen Bereichen heraushalten? Hat sich bei Männern noch nicht herumgesprochen, dass das Leseverhalten in Familie und Gesellschaft in der Hauptsache von Frauen bestimmt wird?“
Quelle: LORENZO, Giovanni di, 2012: Die richtige Quote. Hunderte von Journalistinnen fordern mehr Macht in der Führung deutscher Medien. Soll man das erzwingen? In: DIE ZEIT, Nr. 10 vom 2012-03-01

Der mit Abstand dämlichste Satz des Jahres 2011

Gabriele Sons, Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, zur Quote: „Neue Vorstandsressorts, die es bislang nicht gab und die auch nicht gebraucht werden, wurden geschaffen. Und es besteht die Gefahr, dass Frauen in ihrer Vorstandsposition, die sie nur aufgrund der Quote besetzen, scheitern. Das schadet dann wiederum der ganzen Idee.“

Quelle: FRESE, Alfons, 2011: Jeder macht seins. Die Dax-Konzerne entgehen mit einer speziellen Selbstverpflichtung einer gesetzlichen Frauenquote. In: Der Tagesspiegel vom 2011-10-17

Das hatten wir doch schon! Dachten wir jedenfalls!

… und dann höre ich am 30. Dezember 2009 im Radio in einer Rückschau auf das zu Ende gehende Jahr:

„Weibliche Stimmen unerwünscht. Polskie Radio erklärt sein Frühprogramm zur Frauen freien Zone.“

„Das polnische Parlament hat die Rundfunkgebühr abgeschafft – für die Bürger sicherlich eine gute Nachricht. Weniger gut werden die Hörer von Polskie Radio den jüngsten Erlass der Programmdirektion aufgenommen haben. Mit der Begründung, Männerstimmen klängen besser und seien glaubwürdiger als Frauenstimmen, hat die Leitung des Senders alle Moderatorinnen aus seinem Frühprogramm gestrichen.“ (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/985910/)

So wollen die Herren wohl sicherstellen, dass sie und ihre Kollegen immer ein geputztes Haus vorfinden, wenn sie nach Hause kommen.

“Spezialmodelle für Frauen”

Frau möchte es nicht glauben! Es geht in einem Klinikvergleich um künstliche Kniegelenke. Im Subtitel werden „Spezialmodelle für Frauen“ als Neuerung erwähnt, „Schließlich hätten Frauen eine andere (!) Anatomie als Männer, auch im Knie.“ Was stellen Sie sich unter einem >Spezialmodell< vor? Für mich ist ein >Spezialmodell< eine Problemlösung für seltene Fälle, für – in diesem Zusammenhang – die Patientinnen und Patienten, deren Erkrankungen von der Mehrheit der Erkrankungen oder den typischen Erkrankungen abweichen – eben Sonderfälle, bis hin zu Einzelfällen. Und was ist zu lesen? Weil Frauen im Schnitt älter werden als Männer, bekommen doppelt so viele Frauen wie Männer ein künstliches Kniegelenk. Ich zitiere: „Rund zwei Drittel der über 120.000 Kniegelenke, die jedes Jahr in Deutschland eingesetzt werden, gehen an Frauen.“ Ich würde da eher von >Spezialmodellen für Männer< reden! Selbst in so einem abwegigen Fall ist der Mann die Norm, sein Knie das Normalknie, die Frau die Abweichung, der Spezialfall, hier braucht gegen alle Logik die Mehrheit also das Spezialmodell. Die Anatomie der Frau ist eben „anders“! Falls Sie sich oder mich jetzt noch fragen sollten, was eine androzentrische Gesellschaft, eine androzentrische Forschung und androzentrische Medizin ist, dann hilft Ihnen sicher der Rest der Geschichte.

Jetzt kommt es richtig schlimm! „Auffällig war, dass sich Frauen deutlich häufiger unzufrieden mit ihren Implantaten zeigten als Männer.“ Die Erklärung: „Bis dato wurden alle Prothesen nach den Maßen von Männerknien gefertigt.“ – zitiert HONERT den Chirurgen KIENAPFEL und schreibt weiter unter Bezug auf den Chirurgen: „Diese (Männerknie – GP) wären im Schnitt jedoch breiter und dicker als die von Frauen. Folglich würden die herkömmlichen Modelle Frauen oft nur bedingt passen. Bei manchen Patientinnen scheuern die Gelenkbänder deshalb an den zu breiten Prothesen und verursachen Schmerzen.“

Und Frauen – zickig, wie sie nun mal sind – beschweren sich auch noch darüber, sie sind eben nie zufrieden zu stellen, auch wenn sich die Männer noch so mühen! Aber wir Frauen haben weiter Gelegenheit zu Schmerzen und Unzufriedenheit: „Bei AAP, Berlins größtem Implantatehersteller, plant man keine speziellen Kniegelenksprothesen für Frauen. „Wir glauben nicht, dass da eine zwingende Notwendigkeit besteht“, erklärte der Entwicklungsleiter des Unternehmens, Hans-Joachim FISCHER.“

Quelle: HONERT, Moritz, 2007: Scharnierwechsel. Im Alter hat sich das Kniegelenk oft abgenutzt. Wenn das Gehen zur Qual wird, kann eine Prothese die Lösung sein. Jetzt gibt es auch Spezialmodelle für Frauen. Aus der Reihe: Klinikvergleich von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin: 10. Folge Künstliches Kniegelenk. In: Der Tagespiegel vom 2007-07-03

Rosé gilt als typischer Frauenwein – Höchststrafe!

Mein Mann und ich sitzen friedlich im Wohnzimmer, wir wollen uns gerade einen Lese-abend gönnen. Desöfteren legt mir mein Mann eine Zeitungsseite, einen Artikel, eine Notiz hin mit der stummen Frage: Interessiert Dich das? So auch heute. Es ist ein Artikel aus dem Tagesspiegel vom 2007-08-05 zum Thema Rosé Wein. Ich lese: „Rosé gilt als typischer Frauenwein. In einer Branche, in der besonders muskulöse Weine mit der Miene des Connaisseurs gern als „maskulin“ gelobt werden, ist das schon fast die Höchststrafe. Es kommt aber noch schlimmer: Rosé ist häufig ein Abfallprodukt der Rotwein-Produktion. Da stellen sich schnell Assoziationen zur Mülldeponie ein.“ Danke Herr Manfred KRIENER! Sie sind wirklich ein liebenswerter Frauenkenner!
Macht es nicht Spaß, eine Frau zu sein? Da kommt Freude auf! In einem Land, in dem das Rassismusverbot von der Mehrheit der Menschen eingehalten wird, darf der –ebenfalls verbotene – Sexismus fröhlich daher kommen und gilt noch als witzig!? Ich fasse es nicht! >Man< braucht nur das Wort >Frau< davor zu setzen, und schon ist ein Wort müllreif. Gleichzeitig werden die begehrten Dinge immer männlicher – oder halten Sie >muskulös< für ein geeignetes Wort zur Beschreibung eines Weins? Hier werden ver-meintlich männliche Charakteristika auf für Selbstwert und soziale Reputation erstre-benswerte Dinge übertragen, sie werden männlich markiert, maskulinisiert, sie werden durch ihre Nähe zum Mann veredelt – ja, fast geadelt! Das stützt männliches Selbstbe-wusstsein und ist handlungsweisend für den Rest der Meute. Männliche Bescheidwisser reklamieren die Interpretationshegemonie entlang der Geschlechterlinie, die blinde >Liebe zum Gleichen< bekommt etwas Autistisches. Glauben Sie mir: Hier war selbst für mich die Ubiquität geschlechtsspezifischer Hierarchisierung frappierend.
Später bietet uns der Autor eine Sommerimpression: „Dann sieht man sogar ausgewachsene Männer, mit wenig mehr als einer Armbanduhr bekleidet, auf dem Balkon sitzen und gut gekühlten Rosé trinken.“ (KRIENER, 2007) Den Anblick muss ich nicht haben! Was ich auch so armselig finde: Männer schreiben doch so, weil sie damit unglaublich bei ihren Geschlechtsgenossen zu punkten meinen. Rechnen sie damit dass Frauen das nicht lesen oder dass Frauen das auch witzig finden? Bei mir hat der Autor auch saftig gepunk-tet – aber deutlich im Negatvibereich. Und dann erfahren wir von diesem Bescheidwisser noch: „Mit Rücksicht auf die jung-weibliche Klientel wird Rosé gern ein wenig lieblich ausgebaut, was sein Image nicht unbedingt verbessert.“ Warum trinken richtige Männer so ein Gesöff? Sollen sie doch beim Bier bleiben! Aber wenigstens wissen wir jetzt: Es geht ums Image! Das scheint diesem Mann wichtiger zu sein als der Wein selber! Ein wah-rer Connaisseur.
Ich wiederhole meinen Kommentar von 027.: Hier schreibt also wieder ein Mann für Männer auf Stammtischniveau! Der Autor biedert sich bei der vermeintlich ausschließlich männlichen Leserschaft an, er erwartet Zustimmung und brüllendes Gelächter in der Annahme, frauenfeindliche Anzüglichkeiten sind in Männerrunden immer ein Erfolg. Armes Würstchen!